Sehen Sie sich einige der Arbeiten von Ami auf Alamy an
Es gibt sicher nicht viele Menschen, die eine Karriere als Portraitfotograf beginnen und dann praktisch über Nacht zum Kriegsfotografen werden. Ami Vitale ist eine von ihnen. Ami hat Konflikte wie den Krieg im Kosovo und die Zweite Intifada dokumentiert. Sie nutzt jetzt die Fotografie, um über Menschen, Kulturkreise und Tiere in der freien Natur aus aller Welt zu berichten.
Anfang 1999 arbeitete Ami Vitale für eine kleine Wirtschaftszeitung in Prag in der Tschechischen Republik, wo sie Porträtaufnahmen von Politikern und Geschäftsleuten machte. Dann änderten sich die Dinge. „Übernacht wurde aus mir als Portraitfotograf ein Kriegsfotograf, der über die Kosovo Krise berichtete,” erzählt Ami, „und ich machte es, ohne eigentlich zu wissen, was ich da tat.” Dieser Wechsel spiegelt Amis Einstellung zur Fotografie wieder. „Sie wurde für mich zum Modus Operandi. Wenn ich mich vor etwas fürchte, möchte ich dieser Furcht begegnen.”
Ami begegnet der Furcht, ist aber nicht leichtsinnig. Mit dieser Einstellung konnte sie sich in nahezu zwei Jahrzenten als eine viel gefragte professionelle Fotografin behaupten. Heute zählt sie zu den führenden Fotojournalisten und Filmemachern mit einem Kundenstamm, zu dem Namen wie Nikon, Nationale Geographic, Conservation International und Disney zählen. Ami ist auch Mitglied bei Ripple Effect Images, einer Gruppe von Fotografen, Schriftstellern, Wissenschaftlern und Filmemachern, die sich mit wichtigen Themen wie Ernährung, Bildung und Klimawechsel und deren Auswirkung auf die Menschheit befassen.
Ami hat klare Vorstellung von ihren Zielen, die sich nicht um ihre Kamera oder die Aufnahme großartiger Bilder drehen. „Es geht nicht um die Person als Fotograf und Deinen Stil. Vielmehr geht es um die Geschichten und darum, den Menschen gerecht zu werden, die in diesen Berichten vorkommen.”
Ami wurde 1971 in Florida geboren und hat an der Universität von North Carolina in Internationalen Studien graduiert. Im Rahmen der Kurse an der Universität studierte Ami 1990 in Dänemark, bereiste die Tschechische Republik, wo sie, wie sie sagt, wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Es war die Zeit der Samtenen Revolution als die Ostblockländer vom ehemaligen Sovjetimperium abfielen und sich jeden Tag etwas ereignete. „Dies war die Zeit des bedeutendsten Wandels in meinem Leben. Es machte mich hungrig und erfüllte mich mit einem Drang, die USA zu verlassen und andere Kulturen kennenzulernen.”
Nach ihrer Graduation arbeitete Ami als Bildredakteurin für USA Today, wechselte dann zur Nachrichtenagentur AP, ebenfalls als Bildredakteurin (und später als internationale Redakteurin) in Washington und New York. Im Sommer 1997 gab Ami ihrer Reiselust und ihrem Wunsch, eigene Fotografien zu machen nach und zog nach Prag, um dort als Fotografin für eine Wirtschaftszeitung zu arbeiten.
„Etwa 18 Monate später bekam ich mit, dass die Bevölkerung im Kosovo vor dem Krieg floh”, sagte Ami „Ich reiste das erste Mal Ende 1998 dort hin, ehe die NATO sich einschaltete.“
Sie schickte E-Mails an verschiedene Verleger und fragte an, ob sie an Bildmaterial aus dem Krisengebiet interessiert seien. „Damals wussten viele Leute überhaupt nicht, wo das Kosovo liegt, und somit war das Interesse gering. Dies änderte sich schnell nach einigen Monaten als die Friedensgespräche abgebrochen wurden und die Nato Bombenangriffe durchführte. Eines nachts erhielt ich Dutzende E-Mails von Verlegern, die an Bildmaterial aus dem Konfliktgebiet interessiert waren“, sagte Ami „und ich kündigte meinen Job und wurde Kriegsreporterin.“
Ami gibt zu, dass dies eine schwere Entscheidung war. „Aber wenn man jung ist, ist man auf gewisse Weise ahnungs- und furchtlos.” Ami berichtete ein Jahr lang über den Kosovo Krieg, einem Konflikt, der Tausenden das Leben kostete. Sie pendelte zwischen Prag und dem Kosovo, wobei sie jeweils einen Monat im Kriegsgebiet verbrachte. Ihr Bildmaterial war sehr gefragt von britischen und US Veröffentlichungen. „Ich kannte die Schieber und ich konnte mich durchschlagen,“ erzählt sie.
Ein Jahr später berichtete Ami über die Zweite Intifada, dem Konflikt zwischen den Palästinensern und Israel. Ami schützt ihr Leben durch sorgfältige Vorbereitungen und ihrem Gespür für Situationen, in denen es ratsam ist, sich besser zurückzuziehen. „Ich habe eine Auszeit genommen, einfach weil ich mental erschöpft war. Ich verfüge über diese angeborene Fähigkeit, mich zurückziehen zu können, wenn ich eine schöpferische Pause benötige. Das trägt dazu bei, keine schwerwiegenden Fehler zu begehen. Ich hatte Kollegen, die bereits das Leben lassen mussten. Man fühlt sich erschöpft und die Intuition funktioniert nicht mehr wie zuvor.”
Im Jahre 2000 erhielt Ami einen Zuschuss, den sie für eine Reise nach Guinea-Bissau in Westafrika, einem der ärmsten Länder der Welt, verwendete. Durch diese Reise hat Amis Karriere als Fotografin nochmals eine radikale Änderung erfahren. „Ich ging dort hin und hatte vor, einige Wochen zu bleiben, verbrachte aber schließlich über ein halbes Jahr,” merkte sie an.
Ami lebte in einem entlegenen Dorf in einer Lehmhütte mit vier weiteren Neben-Frauen und ihren Kindern. Sie lernte deren Kultur, sammelte Brennholz, holte Wasser und Nahrungsmittel, lernte die Sprache und wie die Menschen überleben. „Dies war ein einschneidendes Erlebnis, weil ich sah, dass die Mehrzahl der Menschen auf diesem Planeten ohne Zugang zu Bildung, Gesundheitspflege oder sogar ohne fließend Wasser und Elektrizität auskommen müssen. Es hat meine Sichtweise der Welt grundlegend gewandelt und ich habe erkannt, dass diese Menschen eine wunderbare Beziehung zur Natur haben.”
Ami nahm sich vor, diese Dinge zu dokumentieren: Geschichten von Menschen auf der ganzen Welt, von denen viele kaum oder gar nicht gehört werden. Sie arbeitet viel im Auftrag von National Geographic und hat dabei über 90 Länder bereist. „Das klingt exotisch, aber die Zahl der Länder ist nicht so wichtig,” sagt sie, „was zählt ist, dass man die Kultur und die Menschen ergründet. Meine Arbeit ist nicht exotisch, sondern soll uns daran erinnern, wie sehr wir miteinander verbunden sind.“
Selbst bei einem kurzen Blick auf Amis Portfolio eröffnet sich ein Reichtum an denkwürdiger und beeindruckender Aufnahmen. Worin liegt also ihr Geheimnis? „Es gibt kein Geheimnis. Man muss geduldig sein und Beziehungen aufbauen. Man muss die Menschen kennen lernen und sich ihre Geschichten anhören. Es gibt nichts Mächtigeres als sich Zeit zu nehmen, das Erzählte zu verstehen. Ich kehre oft zu den selben Orten zurück, wobei einige meiner Aufträge sich über Jahre hin erstreckten.”
Einige Aufnahmen haben Spaß gemacht, beispielsweise als Ami sich als Panda verkleidete, um Pandas in China aufzunehmen. Allerdings ging es auch nicht ohne Gefahren ab. So hat Ami Malaria bekommen, andere Krankheiten erlitten und kam auch in gefährliche Situationen. „In Kriegsgebieten wurde auf mich geschossen und eine Gruppe Männer wollte mich in die Luft sprengen. Es geschahen einige furchtbare Dinge.“ Ami hat einen Ratschlag, wie man sich schützen kann „Wenn man eine Gegend bereist, sollte man zunächst mit den Anführern Kontakt aufnehmen. Man muss sich Zeit nehmen, sich mit den Anführern treffen und ihnen erklären, was man zu tun beabsichtigt. Wenn man ihren Segen hat, spricht sich dies in Windeseile herum und es sorgt dafür, dass man sich sicher bewegen kann.”
Ami lässt sich besonders inspirieren von weiblichen Fotografen wie Annie Griffiths, Lynn Johnson, Stepanie Sinclair, Susan Meiselas, Lynsey Addario und der verstorbenen Eve Arnold. Bei ihren Einsätzen nimmt sie nicht viel Gerätschaften mit, typischerweise zwei Kameragehäuse und mehrere Objektive. „Ich nehme mir immer ein Schleiernetz mit, um mich vor Insekten zu schützen. Ich bringe immer Geschenke und Dankeskarten mit und mache den Leuten immer Abzüge.
Veränderungen tun Fotografen gut,“ sagt Ami „Veränderungen können beängstigend sein, halten mich aber beweglich und helfen mir, mich anzutreiben. Ich glaube, ich bin deshalb immer aktuell geblieben, weil ich mich ständig neu erfinde, neue Fertigkeiten erlerne und neue Dinge bereitwillig annehme. Man muss in der Arbeit vielseitig bleiben und auf verschiedenen Ebenen tätig sein.” Ami macht viele 4K Videos und produziert jetzt VR Filme. „Bei meinem letzten Einsatz für National Geographic schrieb ich das Skript, nahm Szenenfotos auf und drehte Filme. Dinge, die ich mir vor zehn Jahren nicht erträumt hätte.
Es ist wichtig, dass Fotografen die Rechte an ihren Bildern schützen,“ erläutert Ami „und zu wissen, dass das Fotografieren etwa nur zehn Prozent der Arbeit ausmacht. Vorbereitungen, Forschung, Reisen, Bearbeiten, Marketing und Pflege der eigenen Marke nehmen die meiste Zeit in Anspruch.”
Ami hat viele Kriege, Armut und Krankheit gesehen, bleibt aber dennoch optimistisch. „Ich weiß, dass die Welt sich in einem gefährlichen Zustand befindet“, sagt sie, „aber überall wohin ich gehe, selbst in den verzweifeltsten Situationen, haben die Menschen das Gefühl, dass sich ihr Leben verbessert. Die Mehrzahl der Menschen kümmert sich umeinander, um ihre Umwelt und wir müssen immer das Ganze sehen und nicht nur die Dinge, die uns trennen.“
Sie fügt hinzu „Es ist einfach, das Fernsehen einzuschalten und zu glauben, dass dies das Ende der Menschheit ist, aber die Welt ist wirklich eine magische Schöpfung. Die meisten Menschen möchten das Beste aus ihrer Situation machen und wünsche sich dasselbe wie jeder andere auch: Bildung für ihre Kinder, Sicherheit und eine bessere Welt. Ich glaube, dass die Fotografie Menschen inspirieren kann, hinauszugehen und die Welt zu verbessern.“
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